Nachfolgend ein Beitrag vom 7.1.2019 von Jachmann-Michel, jurisPR-SteuerR 1/2019 Anm. 1
Leitsätze
1. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO schließt den Eintritt der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO nicht generell aus, wenn die Ermittlungen der Steuerfahndung vor dem Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist beginnen und die Steuerfestsetzung auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht (Bestätigung der Senatsrechtsprechung im BFH-Urt. v. 24.04.2003 – VII R 3/02 – BFHE 202, 32 = BStBl II 2003, 739).
2. Ein solches „Beruhen“ der Steuerfestsetzungen auf rechtzeitig begonnenen Ermittlungen setzt voraus, dass die Steuerfahndung vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist Ermittlungshandlungen vornimmt, die konkret der Überprüfung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen dienen.
A. Problemstellung
Zu entscheiden war über eine Ablaufhemmung im Kontext von Ermittlungen der Steuerfahndung.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Kläger unterhielten während der Streitjahre 1996 und 1997 bei einer Stiftung liechtensteinischen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit (N Foundation) ein Stiftungsunterkonto (…) mit einem gemeinschaftlichen Depot, wofür sie jeweils die volle wirtschaftliche Berechtigung hatten. Zum Depot gehörten im Wesentlichen festverzinsliche Unternehmensanleihen und Wertpapiere.
Die Kläger reichten die Einkommensteuererklärung für 1996 am 19.01.1998 ein, für 1997 am 30.11.1998. Sie erklärten keine Kapitalerträge aus dem Depot bei der N Foundation.
Im Wege der Amtshilfe erhielt die Steufa 2007 die „Steuer-CD“, aus der sich die Existenz und die wirtschaftliche Berechtigung der Kläger an dem bei der N Foundation geführten gemeinschaftlichen Depot ergaben. In einem Verdachtsprüfungsvermerk vom 30.09.2007 hielt die Prüferin die aus den übermittelten Unterlagen und die durch die Auswertung der Steuerakten gewonnenen Erkenntnisse als Vorermittlungsergebnis fest (u.a. Anschriften der Kläger, Steuernummer, Höhe sonstiger erklärter Einkünfte, erklärte Kapitalerträge, eine Schätzung zur Höhe der voraussichtlich nachzuzahlenden Steuer, Eintritt der steuerlichen Festsetzungsverjährung und der strafrechtlichen Verjährung sowie Überlegungen zur Mittelherkunft und zum weiteren Vorgehen, insbesondere zur Durchführung einer Durchsuchung bei den Klägern). Am 02.10.2007 fand eine Erkundung des Anwesens der Kläger zur Vorbereitung einer Durchsuchung statt.
Am 21.02.2008 stellten die Kläger einen Antrag auf Änderung der Bescheide für 2000 bis 2006. Sie gaben an, bei der N Foundation ein Depot unterhalten zu haben. Einzahlungen auf das Depot seien 1995 von einem bereits bestehenden Konto in Liechtenstein erfolgt. Die im Depot gehaltenen Kapitalanlagen bestanden im Wesentlichen aus sog. „schwarzen“ Fonds i.S.d. § 18 Abs. 3 AuslInvG bzw. ab 2004 i.S.d. § 6 InvG. Die Kläger schätzten die nicht erklärten Kapitalerträge auf Grundlage der Rücknahmepreise der Fondsanteile zum jeweiligen Jahresende. Mit der Nacherklärung legten die Kläger auch Kopien des Statuts und der Beistatuten der N Foundation vor.
Am 04.01.2008 leitete die Steufa ein Strafverfahren wegen der Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2002 bis 2006 ein. Am 02.04.2008 erging ein Prüfungsauftrag der Steufa gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und § 404 AO an die Prüferin X, die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Kläger durchzuführen und die Besteuerungsgrundlagen für 1996 bis 2006 zu ermitteln.
Die Prüferin wurde am 07.04.2008 vom steuerlichen Vertreter der Kläger angerufen. Sie gab ihm die Einleitung des Steuerstrafverfahrens wegen Einkommensteuerhinterziehung 2002 bis 2006 gegen die Kläger bekannt. Die Möglichkeiten einer sofortigen Nachzahlung der Steuern dieser Veranlagungszeiträume und die Wirksamkeit der Selbstanzeige vom Februar 2008 sowie die Ermittlung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen für den Zeitraum 2002 bis 2006 wurden im Telefonat ebenfalls erörtert.
Mit Schreiben vom 13.05.2008 erklärten die Kläger beim Finanzamt u.a. für die Streitjahre Erträge aus dem Depot bei der N Foundation nach. In einer Anlage zu diesem Schreiben waren die einzelnen Kapitalanlagen des Depots aufgeschlüsselt.
Der Vertreter der Kläger im Strafverfahren beantragte mit Schreiben vom 27.05.2008 Einsicht in die strafrechtlichen Ermittlungsakten bei der Staatsanwaltschaft. Diese wurde gewährt. In den Akten enthalten waren zum Zeitpunkt der Einsicht nach den Feststellungen des Finanzgerichts jedenfalls der Verdachtsprüfungsvermerk, der Einleitungsvermerk und der Prüfungsauftrag.
Aus dem Eintrag eines Wiedervorlagetermins zu Anmahnung fehlender Unterlagen beim steuerlichen Vertreter der Kläger im Kalender der Prüferin für den 05.01.2009 und deren Vernehmung in der mündlichen Verhandlung als Zeugin zog das Finanzgericht die Schlussfolgerung, die Prüferin habe zu einem nicht näher konkretisierbaren Zeitpunkt zwischen dem 07.04.2008 und dem 31.12.2008 beim steuerlichen Vertreter „Unterlagen zur Vermögensanlage bei der N Foundation“ angefordert, auch wenn diese Maßnahme in den Akten der Steufa nicht dokumentiert worden sei. Die Prüfung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen fand erst in 2009 statt. Aus einem vom Finanzgericht inhaltlich festgestellten Vermerk der Steufa vom 19.02.2009 geht ferner die damalige Beurteilung der Prüferin hervor, die als Werbungskosten geltend gemachten Stiftungskosten seien als Kosten des Rechtsmissbrauchs nicht abzugsfähig und die von den Klägern bislang eingereichten Unterlagen seien zudem unvollständig. Fazit der Prüferin war nach dem Vermerk, sie müsse mit dem steuerlichen Vertreter der Kläger Kontakt aufnehmen, um von diesem „vollständige Kontounterlagen der … Stiftung (Gutschriften, Börsenabrechnungen, Couponsabrechnungen) für den Zeitraum v. 01.01.1996 bis 31.12.2006“ zu erhalten und um ihm mitzuteilen, dass die Stiftungskosten keine abzugsfähigen Werbungskosten seien. Das Finanzgericht stellte weiter fest, dass die Prüferin am 20.02.2009 beim Prozessbevollmächtigten der Kläger telefonisch Unterlagen für die Streitjahre anforderte und einen Besprechungstermin für den 10.03.2009 vereinbarte.
Im Abschlussbericht der Steufa vom 26.04.2010 wird in Tz. 8 festgehalten, angeforderte Unterlagen seien von den Klägern eingereicht und Auskünfte zur Sachverhaltsaufklärung erteilt worden, so dass eine vollständige Sachverhaltsermittlung möglich gewesen sei. Die Steufa ermittelte für die Streitjahre nicht erklärte Einnahmen der Kläger aus der N Foundation – wie in der Nacherklärung der Kläger vom 13.05.2008 angegeben – in Höhe von 58.466,53 DM (1996) und von 86.853,08 DM (1997). Die in der Nacherklärung geltend gemachten Werbungskosten aus Treuhandgebühren, Stiftungsrat- und Repräsentanzhonoraren sowie Pauschalsteuern wurden gekürzt. Für 1996 betrugen die bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähigen allgemeinen Werbungskosten damit 411,24 DM, davon entfielen auf die Kapitalerträge aus der N Foundation 146,86 DM; für 1997 betrugen sie 485,81 DM, davon entfielen auf die Kapitalerträge aus der N Foundation 163,42 DM. Anrechenbare ausländische Steuern waren laut Tz. 10.4 des Berichts nicht zu berücksichtigen, da von den Klägern keine Originalsteuerbescheinigungen vorgelegt worden seien.
Nach Abschluss der Fahndungsprüfung änderte das Finanzamt die Festsetzungen der Einkommensteuer für die Streitjahre gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Das Finanzgericht hat der nachfolgenden Klage teilweise stattgegeben. Hinsichtlich der nacherklärten Kapitalerträge aus der N Foundation hielt es die Klage jedoch für unbegründet (FG München, Urt. v. 25.02.2016 – 13 K 2818/13 – EFG 2016, 1225). Die Revision der Kläger war begründet. Der BFH führte zur Begründung aus:
I. Die Festsetzungsfrist für beide Streitjahre war unstreitig vor Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide abgelaufen (Beginn gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres 1998; aufgrund der vorsätzlichen Nichtangabe der Kapitalerträge aus der N Foundation in den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO zehnjährige Festsetzungsfrist; Ende der regulären Festsetzungsfrist damit mit Ablauf des 31.12.2008; aufgrund der Nacherklärung vom 13.05.2008 einjährige Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 9 AO, die mit Ablauf des 13.05.2009 endete).
II. Das Finanzgericht hat im Ergebnis rechtsfehlerhaft angenommen, dass bei Erlass der Änderungsbescheide vom 11.06.2010 eine Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO bestand.
1. Der Senat teilt im Ausgangspunkt die Beurteilung des Finanzgerichts, dass die vor Eingang der Nacherklärungen vom 21.02.2008 und 13.05.2008 im Jahr 2007 durchgeführte Aktenauswertung der Steufa und die Erkundung von Durchsuchungsmöglichkeiten des Anwesens der Kläger keine Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO bewirkten. Die durch den Beginn der Ermittlungen grundsätzlich ausgelöste Ablaufhemmung für die Streitjahre ist aufgrund einer Unterbrechung der Prüfung unmittelbar nach Beginn rückwirkend entfallen (§ 171 Abs. 5 Satz 1 HS. 2 i.V.m. § 171 Abs. 4 Satz 2 AO).
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts gingen die Maßnahmen der Steufa nicht über reine Vorbereitungshandlungen hinaus. Die Aktenauswertung und Vorermittlung der Steufa bildeten nur die Entscheidungsgrundlage für den Umfang des zu erteilenden eigentlichen Prüfungsauftrags und dienten der Entscheidung darüber, ob eine Durchsuchung bei den Klägern notwendig sei. Das Finanzgericht hat auch nicht festgestellt, dass die Vorprüfung der Steufa erste verwertbare Ergebnisse zu den Kapitalerträgen aus der N Foundation gezeitigt hätte, an die von der Prüferin später angeknüpft werden konnte und die eine Unterbrechung ausschließen würden.
2. Im Spannungsverhältnis des § 171 Abs. 9, Abs. 5 Satz 1 AO ist neben dem Zeitkriterium – der Aufnahme der Ermittlungen vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist – für eine Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO weiter erforderlich, dass die spätere Steuerfestsetzung auf den rechtzeitig aufgenommenen Ermittlungen der Steuerfahndung beruht. Ein solches „Beruhen“ setzt voraus, dass die vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist vorgenommenen Ermittlungshandlungen konkret der Überprüfung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen dienen. Ausreichend für den Beginn der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO ist, dass die angezeigte Steuerverkürzung dem Grunde nach individualisiert werden kann (BFH, Urt. v. 17.11.2015 – VIII R 68/13 Rn. 22 – BStBl II 2016, 571; Anm. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 18/2016 Anm. 3). Für die weitergehende Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO kann im Anschluss an eine solche Nacherklärung individualisierter Besteuerungsgrundlagen verlangt werden, dass die Steuerfahndung rechtzeitig konkrete und zielgerichtete Ermittlungshandlungen entfaltet, da der Steuerpflichtige ihr mit der Nacherklärung konkrete Anknüpfungspunkte für die Ermittlungen gibt.
Die spätere Steuerfestsetzung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen eines bestimmten Veranlagungszeitraums beruht nicht mehr auf einer rechtzeitigen Ermittlungshandlung, wenn die Steuerfahndung nach Eröffnung der Prüfung vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist dieses Veranlagungszeitraums (hier: der Streitjahre 1996 und 1997) zwar Ermittlungshandlungen hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen eines anderen Veranlagungszeitraums des Prüfungszeitraums (hier: etwa für die Jahre 1998 bis 2006) vornimmt, mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen des betrachteten Veranlagungszeitraums (hier: der Streitjahre 1996 und 1997) aber erst nach Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist für diesen (hier: nach dem 31.12.2008) tatsächlich beginnt.
3. Die Würdigung des Finanzgerichts beachtet diese Anforderungen nicht vollständig.
Das Anfordern von Unterlagen zur Überprüfung nacherklärter Besteuerungsgrundlagen durch die Steufa stellt – wie vom Finanzgericht zutreffend erkannt – grundsätzlich eine hinreichend konkrete Ermittlungshandlung dar. Das Anfordern dieser Unterlagen wäre auch ausreichend, um die im Streitfall unterbrochene Fahndungsprüfung wieder aufzunehmen und die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO auszulösen.
Das Finanzgericht hat es für den Eintritt der Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO aber zu Unrecht genügen lassen, dass die Steufa in 2008 irgendeine Ermittlungshandlung hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen des Prüfungszeitraums 1996 bis 2006 (in Form der festgestellten Anforderung von „Unterlagen zur Vermögensanlage bei der N Foundation“) entfaltet hat, weil sich die Prüfung erst in ihrem weiteren Verlauf während des Jahres 2009 bis zum Abschlussbericht vom 26.04.2010 auf die nacherklärten Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre erstreckt hat.
Erforderlich für den Eintritt der Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO für die Streitjahre ist nämlich, dass die Steufa noch im Jahr 2008 Ermittlungshandlungen (z.B. durch die Anforderung detaillierter Konto- und Depotauszüge) vorgenommen hat, die der Überprüfung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre dienten. Nur dann beruhen die späteren Steuerfestsetzungen für die Streitjahre auf einer vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist durchgeführten Ermittlungshandlung der Steufa. Die Feststellungen des Finanzgerichts ermöglichen diesen Schluss nicht.
III. Die Entscheidung des Finanzgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 126 Abs. 4 FGO). Eine Ablaufhemmung für die Streitjahre ergibt sich nicht gemäß § 171 Abs. 5 Satz 2 AO. Das Steuerstrafverfahren gegen die Kläger wurde wegen des Ablaufs der Strafverfolgungsverjährung erst für die Veranlagungszeiträume ab 2002 eingeleitet. Diese Maßnahme beeinflusste nur den Fristenlauf für die Steueransprüche der betreffenden Jahre, nicht aber für die streitgegenständlichen Steueransprüche für 1996 und 1997.
C. Kontext der Entscheidung
I. Zu den Voraussetzungen der Ablaufhemmung wegen Ermittlungen
Beginnen die Zollfahndungsämter oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen – wie im Streitfall durch die Steufa im Jahr 2007 – mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind (§ 171 Abs. 5 Satz 1 HS. 1 AO). Es muss aber für den Steuerpflichtigen erkennbar sein, dass in seinen Steuerangelegenheiten ermittelt wird (BFH, Urt. v. 09.03.1999 – VIII R 19/97 – BFH/NV 1999, 1186) und welcher Sachverhaltskomplex den Gegenstand der Ermittlungen bildet (BFH, Beschl. v. 15.06.2010 – VIII B 2/10 – BFH/NV 2010, 2001). Die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO endet erst, wenn aufgrund der Prüfung Steuerbescheide ergehen und diese unanfechtbar werden (zur zeitlichen Begrenzung durch den Eintritt der Verwirkung vgl. BFH, Urt. v. 08.07.2009 – VIII R 5/07 – BStBl II 2010, 583; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 3/2010 Anm. 1).
II. Zum Entfallen der Ablaufhemmung wegen Unterbrechung der Prüfung
Eine Unterbrechung der Fahndungsprüfung unmittelbar nach Beginn der Prüfung i.S.d. § 171 Abs. 4 Satz 2 AO ist anzunehmen, wenn – so war es auch im Streitfall – der Prüfer nach Beginn der Prüfung über Vorbereitungshandlungen wie das Einholen allgemeiner Informationen über die betrieblichen Verhältnisse, das Rechnungswesen und die Buchführung und/oder die Sichtung der Unterlagen des zu prüfenden Steuerfalls bzw. ein allgemeines Aktenstudium nicht hinauskommt (BFH, Urt. v. 26.06.2014 – IV R 51/11 Rn. 34 – BFH/NV 2014, 1716).
III. Kein Ausschluss einer auf Ermittlungshandlungen beruhenden Ablaufhemmung durch eine Nacherklärung von Besteuerungsgrundlagen bei konkret der Überprüfung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen dienenden Ermittlungen
Eine Nacherklärung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 171 Abs. 9 AO schließt eine auf Ermittlungshandlungen der Steuerfahndung beruhende Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO hinsichtlich derselben Besteuerungsgrundlagen nicht aus. Nach Abgabe einer Nacherklärung muss das Finanzamt nicht abwarten, ob der Steuerpflichtige zu den hinterzogenen Einkünften bis zum Ablauf der einjährigen Hemmungsfrist des § 171 Abs. 9 AO ausreichende Angaben macht. Vielmehr hat das Finanzamt die Möglichkeit, vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist eigene Ermittlungen durch die Steuerfahndung anzustellen, um die Hemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO herbeizuführen. Voraussetzung für deren Eintritt ist jedoch, dass die Steuerfestsetzung auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht.
D. Auswirkungen für die Praxis
Werden im Kontext einer Steuerfahndung Einkünfte nacherklärt, muss das Finanzamt nicht abwarten, ob der Steuerpflichtige zu den hinterzogenen Einkünften bis zum Ablauf der einjährigen Hemmungsfrist des § 171 Abs. 9 AO ausreichende Angaben macht. Vielmehr hat es die Möglichkeit, vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist eigene Ermittlungen durch die Steuerfahndung anzustellen, um die Hemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO herbeizuführen. Voraussetzung für deren Eintritt ist jedoch, dass die Steuerfestsetzung auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht. Eine spätere Steuerfestsetzung nacherklärter Besteuerungsgrundlagen eines bestimmten Veranlagungszeitraums beruht aber nicht mehr auf einer rechtzeitigen Ermittlungshandlung, wenn die Steuerfahndung nach Eröffnung der Prüfung vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist des streitgegenständlichen Veranlagungszeitraums zwar Ermittlungen hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen eines anderen Veranlagungszeitraums des Prüfungszeitraums vornimmt, mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen des betrachteten Veranlagungszeitraums aber erst nach Ablauf des ungehemmten Festsetzungsfrist tatsächlich beginnt.
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